Antrag auf Einsichtnahme in die eigenen Daten

Im Schreiben vom 17.12.2008 (IV A 3 – S 0030/08/10001) haben die obersten Finanzbehörden der Länder entschieden, dass Steuerbürger oder Unternehmen an persönliche Daten, die bei den Finanzbehörden gespeichert sind, nur dann herankommen können, wenn sie dies beantragen und ein berechtigtes Interesse an der Bekanntgabe der Daten besteht.

Ein berechtigtes Interesse ist zum Beispiel bei einem Beraterwechsel oder in einem Erbfall gegeben, wenn der Antragsteller durch Auskunft in die Lage versetzt werden will, zutreffende und vollständige Steuererklärungen abzugeben. Hinsichtlich solcher Daten, die ohne Beteiligung und ohne Wissen des Beteiligten erhoben wurden, liegt ein berechtigtes Interesse vor.

Mit diesem 3-seitigen Schreiben haben die Länderfinanzminister wiederum einen neuen Interpretationsspielraum für die Finanzbeamten geschaffen. Er kann nunmehr beurteilen, ob sein Auskunftsbegehren nach seinen persönlichen, beim Finanzamt gespeicherten Daten, berechtigt ist.

Es ist schon interessant zu wissen, dass der Finanzbeamte im Voraus weiß, dass ich wissen muss, welche Daten vorhanden sind und dass ich wissen muss, ob ich weiß, ob ich an der Beschaffung der Daten beteiligt war. Wie bitte? Das habe ich selbst nicht verstanden!

Nun, so leicht komme ich nicht an meine eigenen Daten. Ich muss erst einen Antrag stellen, dass ich berechtigt bin, die Daten zu erfahren. Das erinnert mich an den

Antrag auf Erteilung eines Antragsformulars zur Bestätigung der Nichtigkeit des Durchschriftexemplars, dessen Gültigkeitsvermerk von der Bezugsbehörde stammt zum Behuf der Vorlage beim zuständigen Erteilungsamt„.

Es ist natürlich auch geregelt, in welchen Fällen einem Antrag „mangels berechtigtem Interesse“ nicht stattgegeben wird. Dann nämlich, wenn ich wissen muss, was ich vor Jahren dem Finanzamt mitgeteilt habe. Weiß ich das nicht, dann sagt mir das Finanzamt auch nicht, ob ich das schon gemacht habe. Somit wird von mir verlangt, was von Politikern in höchsten Ämtern nicht verlangt wird. Es wird dem ehemaligen Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl nicht zur Last gelegt, dass er etwas vergessen hat. Auch Untersuchungsausschüsse, die die Aufgabe haben, das zu ergründen, was gegebenenfalls vergessen worden ist, haben keine Handhabe gegen das Vergessen. Aber die Finanzämter dürfen das sanktionieren. Sie verraten einfach nicht, was sie wissen, denn ich könnte es ja auch wissen, wenn ich nicht so vergesslich wäre.

Deutschland, verschlanke weiterhin Deine Verwaltung und erlasse neue Erlasse.

Wenn Sie, lieber Leser, wissen wollen, was die Behörden über Sie wissen, dann müssen Sie wissen, dass Sie dieses Wissen beantragen müssen. Viel Vergnügen.

GDPdU: großer Aufwand, keine Rückstellung

Die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU) sind seit dem 1. Januar 2002 für alle Unternehmen in Deutschland verbindlich anzuwenden.

Die Unternehmen haben der Finanzverwaltung alle elektronisch erfassten bzw. verarbeiteten Daten im Falle einer steuerlichen Außenprüfung für den Zugriff vorzuhalten, und zwar so lange, wie die sogenannte Festsetzungsverjährung noch nicht eingetreten ist. Das sind 10 Jahre nach Ablauf des Jahres, in dem die letzten Eintragungen in die Bücher des Unternehmens vorgenommen worden sind, also mindestens 11 Jahre. Die Daten aus dem Jahr 2002 sind also frühestens Ende 2013 zur Löschung freigegeben.

Die Daten aus folgenden beispielhaft aufgezählten Unternehmensbereichen sind vorzuhalten:

  • Finanzbuchhaltung, Anlagenbuchhaltung, Jahresabschlussbuchungen
  • Firmen-Emails mit steuerrelevanten Informationen (getrennte Aufbewahrung dringend empfohlen!)
  • Warenwirtschaftssystem
  • Kalkulationen
  • Ermittlung von Verrechnungspreisen
  • Preislisten

Die Finanzverwaltung hat 3 Zugriffsmöglichkeiten:

  • den Z1-Zugriff: den Vollzugriff auf alle Programme mit Schreib-Rechten
  • den Z2-Zugriff: den Nur-Lese-Zugriff auf alle Programme
  • den Z3-Zugriff: den Anspruch auf Überlassung eines Datenträgers mit den vom Betriebsprüfer angeforderten Daten in einer fest vorgeschriebenen Form.

Um diese Daten vorzuhalten bedarf es einer lang andauernden Pflege der Programme, insbesondere beim Wechsel des EDV-Systems oder gar des Programmanbieters. Die alten Daten müssen bis zum Ablauf des 11. Jahres gegebenenfalls für den Z1-Zugriff vorgehalten werden. Es ist jedermann verständlich, dass die Kosten der Vorhaltung der Daten exponentiell steigen, je älter Daten und Programm werden.

Nunmehr hat die OFD Rheinland mit Schreiben vom 5. November 2008 S 2137 – St 141 eine Verfügung erlassen, in der sie zur Berücksichtigung des Aufwandes zur Vorhaltung dieser Daten Stellung nimmt.

Kurz zusammengefasst:

  • Wenn der Steuerpflichtige keine GDPdU-Daten vorhält, kann das Finanzamt Zuschätzungen zu Umsatz und Gewinn vornehmen.
  • Diese Zuschätzungen sind keine Sanktionen für die Nichtvorlage der GDPdU-Daten im Sinne der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs
  • Weil die Nichtvorlage der Daten nicht sanktionsbewehrt ist und weil der Steuerpflichtige selbst entscheiden kann, ob er GDPdU-Daten vorlegt oder nicht, ist eine Rückstellung für die ordnungsgemäße und gesetzlich vorgeschriebene Vorhaltung der Daten unzulässig.

Dies bedeutet, dass das Unternehmen den zukünftigen Aufwand der Datenvorhaltung, der seine Ursachen in der Vergangenheit hat, steuerlich nicht im Jahr der Entstehung berücksichtigen kann. Handelsrechtlich ist dies zwingend geboten.

Es ist auch hier wieder feststellbar, dass es der Finanzverwaltung nicht passt, dass die Aufwendungen, die sie selbst verursacht hat, zu Steuermindereinnahmen führen.

Ich bin der Auffassung, dass diese OFD-Verfügung nicht mit geltendem Recht vereinbar ist. Ich empfehle deshalb den Einstieg ins Rechtsbehelfsverfahren.

Bundesfinanzministerium zeigt ehrenamtliche Inkompetenz

Im Jahr 2007 hat der Bundesfinanzminister das Gesetz zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements unter großem Beifall verabschiedet. Endlich, haben viele gedacht. Aber weit gefehlt, dass das BMF das ehrenamtliche Engagement wirklich und nachhaltig fördern will.

In ihrem Newsletter vom 9. Mai 2008 hat die Pressestelle des BMF erklärt, dass die Abzugsfähigkeit für das Schulgeld ausländischer Schulen nach einem Urteil des EuGH zugelassen werden müßte. Aber: Die steuerliche Abzugsfähigkeit von (lächerlichen) 30 % des Schulgeldes sei nun einmal für den Bundeshaushalt ruinös.

Dann folgt eine fadenscheinige Begründung der schrittweisen Abschaffung der Abzugsfähigkeit des Schulgeldes insgesamt mit dem Argument, dass alle kindbedingten Aufwendungen über den Familienlastenausgleich ja abgegolten seien.

Zutreffend wird bestätigt, dass staatliche und private Schulen zwei wichtige Säulen unseres Bildungssystems seien und sich sinnvoll ergänzen sollten.

Der Gipfel ist die Anmaßung in der nachfolgenden Aussage:

Ein Auseinanderdriften der beiden Schulformen – bis hin zu einem Zwei-Klassen-Schulsystem – müssen „wir“ (das BMF!) jedoch verhindern.

Wir? Es ist erstaunlich, welche Kompetenzen noch in unserem Bundesfinanzministerium schlummern. Hier wird sogar der Schlüssel für ein funktionierendes Schulsystem gefunden. Vielleicht haben die Gesellen Steinbrücks ja den Code für die Pisa-Katastrophe geknackt?

Ganz abgesehen davon bekommen private Schulen in den ersten drei Jahren keine staatliche Unterstützung, müssen sich also auf dem Rücken und dem Geldbeutel der Ehrenämtler durchschlagen. Und Eltern dieser „Zwei-Klassen-Privatschüler“, die sich eine bessere Bildung ihrer Kinder zu Gunsten des ganzen Landes etwas kosten lassen, sparen sich das Schulgeld nicht selten vom Munde ab. Den Nachweis kann ich leicht führen.

Schuster bleib´ bei Deinen Leisten. Das sollten sich die Mitarbeiter des BMF hinter die Ohren schreiben. Arbeitet an einem einfacheren Steuerrecht, von dem alle etwas haben (außer vielleicht wir Steuerberater?). Dann macht Ihr einen guten Job!