Neuerungen bei gemeinnützigen Organisationen (2)

In einem ersten Beitrag haben wir die allgemeinen Änderungen des Gesetzes zur Stärkung des Ehrenamtes dargestellt. In diesem Beitrag werden wir die wesentlichen Änderungen der zeitnahen Mittelverwendung und der Rücklagenbildung behandeln.

Folgende Änderungen sind für die zeitnahe Mittelverwendung von Bedeutung:

Verlängerung der zeitnahen Mittelverwendung

Mittel müssen zeitnah für steuerbegünstigte Satzungszwecke verwendet werden. Bisher mussten die Mittel, die nicht im Zuflussjahr verwendet wurden, im Folgejahr verwendet werden. Diese Frist ist auf zwei Jahre ausgedehnt worden. Können die Mittel bis zu diesem Zeitpunkt nicht satzungsgemäß verwendet werden, besteht die Möglichkeit, die Mittel in eine der nachfolgenden Rücklagen nach § 62 Abs. 1 AO einzustellen:

  • zweckgebundene Rücklagen
  • Wiederbeschaffungsrücklagen
  • freie Rücklagen und
  • Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zwecks Erhalt der Beteiligungsquote

Natürlich sind insoweit die gesetzlichen Vorgaben für die einzelnen Rücklagearten zu beachten.

Bei Auflösung der Rücklagen gilt wieder die Zweijahresfrist. Eine Rücklage ist unverzüglich aufzulösen, wenn der Grund der Rücklagenbildung entfallen ist. Im Übrigen bestehen keine Vorgaben für die zeitliche Dauer einer Rücklage.

Flexibilisierung bei der freien Rücklage

Bei der Bildung der freien Rücklage sind folgende Höchstgrenzen zu beachten:

  • 10% der Bruttoeinnahmen (nicht der Überschüsse) aus dem ideellen Bereich
  • ein Drittel des Überschusses aus Vermögensverwaltung
  • 10% der Gewinne/Überschüsse aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben oder Zweckbetrieben

Bisher ging die Finanzverwaltung davon aus, dass die Höchstgrenzen der Bemessungsgrundlage jedes Jahr zu ermitteln sei. Konnte die Höchstgrenze nicht ausgeschöpft werden, konnte eine Nachholung in folgenden Jahren nicht erfolgen. Das ist immer dann der Fall, wenn der Bestand der liquiden Mittel nicht ausreicht, um den rechnerisch möglichen Höchstbetrag der Rücklagen auszuschöpfen. Dies kann beispielsweise in folgenden Fällen auftreten:

  • Im ideellen Bereich stellen die Einnahmen und nicht die Überschüsse die Bemessungsgrundlage dar. Das kann bei hohen Ausgaben im ideellen Bereich dazu führen, dass die freie Rücklage nicht mehr in der höchstmöglichen Höhe gebildet werden kann.
  • Es werden zweckgebundene Rücklagen gebildet. Die Beträge mindern dann Mittel in einer Weise, sodass eine freie Rücklage nicht mehr in voller Höhe gebildet werden kann.
  • Oder es werden Überschüsse für die Anschaffung von Anlagevermögen verwendet, die erst über die Abschreibung ergebnisrelevant in die Gewinnermittlung eingehen.

Nach der Neuregelung kann das nicht ausgeschöpfte Rücklagenlagenvolumen vorgetragen werden und die Rücklagenbildung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden.

Grundsätzlich ist es immer empfehlenswert die Grenzen der freien Rücklagen voll auszuschöpfen.

  • Zum einen kann sich die Körperschaft so ein Vermögenpolster aufbauen, das sich den Grundsätzen der zeitnahen Mittelverwendung entzieht, ohne dabei einer konkreten Zweckbindung zu unterliegen.
  • Zum anderen hat die Körperschaft durch die freie Rücklagen keinerlei Nachteile, da diese Mittel jederzeit für satzungsmäßige Zwecke eingesetzt werden können. Eine freie Rücklage kann zeitlich unbegrenzt vorgetragen werden.
  • Weiterhin kann die Körperschaft aus dieser freien Rücklage eine ggf. notwendig werdende GmbH-Beteiligung erwerben, was aus zeitnah zu verwendenden Mitteln nicht zulässig ist.

Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten

Gemeinnützige Körperschaften dürfen Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften zuführen, wobei die Höhe dieser Rücklage die Höhe der freien Rücklage mindert. Diese Regelung soll gewährleisten, dass sich die quotale Gesellschafterstellung im Falle von einer Kapitalerhöhung nicht ändert. Anders als die im Folgenden beschriebene Neuregelung zur Ausstattung von zweckäquivalenten gemeinnützigen Körperschaften, ist die Rücklage zum Erwerb von Gesellschaftsrechten nicht auf gemeinnützige Körperschaften beschränkt.

Vermögensausstattung anderer steuerbegünstigter Körperschaften

Mit Wirkung ab 01.01.2014 kann eine steuerbegünstigte Körperschaft bestimmte Mittel an andere steuerbegünstigte Körperschaften oder juristische Personen des öffentlichen Rechts weitergeben (Aufgabe des Endowment-Verbots). Diese Regelung ist als steuerunschädliche Betätigung nun ausdrücklich im § 58 Nr. 3 AO normiert. Bislang war es fraglich aus welchen Mitteln eine Beteiligung an anderen Körperschaften geleistet werden kann, da dieser Vorgang eine Mittelumschichtung darstellt und gegen den Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung zu satzungsmäßigen Zwecken verstieß (vgl. hierzu OFD Rheinland, Verfügung vom 20.9.2012, Az. S 0174 – 2012/0005). Eine solche Ausstattung war bislang nur aus Mitteln der freien Rücklage denkbar.

Damit werden folgende Vermögensausstattungen möglich:

  • Stammkapitalausstattung einer gGmbH
  • Zuführung zum Vermögen gemeinnütziger Stiftungen (auch Zustiftungen)
  • sonstige Vermögenszuführungen an gemeinnützige Organisationen

Die Rücklage kann aus folgenden Quellen gespeist werden:

  • Überschüsse aus der Vermögensverwaltung
  • Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben
  • 15 % der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mitteln

Voraussetzung ist, dass

  • die steuerbegünstigten Zwecke der gebenden und empfangenden Organisation zumindest teilweise übereinstimmen und
  • die empfangenen Mitteln und die Erträge daraus durch die empfangende Körperschaft nicht weitergegeben oder verausgabt werden und im Stammkapital / Grundstockvermögen verbleiben.

Hinweis: Noch zu klären ist, was geschieht, wenn die empfangende Körperschaft die Mittel pflichtwidrig weitergibt oder die Überschüsse nicht zweckgebunden verwendet. Insbesondere aus Sicht der zuwendenden Organisation ergeben sich hier Fragen des Nachweises in Bezug auf die Einhaltung der Voraussetzungen bei der empfangenden Organisation.

Wiederbeschaffungsrücklagen

Diese Rücklage war bisher aufgrund Verwaltungsmeinung auch schon zu bilden. Durch die gesetzliche Regelung vereinfacht sich nur der Nachweis. Eine Wiederbeschaffungsrücklage kann unter folgenden Voraussetzungen gebildet werden:

  • Die Neuanschaffung von Anlagegegenständen ist wirklich geplant.
  • Die Ersatzbeschaffung entspricht wertmäßig der Erstanschaffung.
  • Betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer (Abschreibungsdauer) entspricht der tatsächlichen Nutzungsdauer.

Eine Rücklagenbildung orientiert sich ohne jeder weitere Nachweispflichten am – vom Abschreibungszeitraum abhängigen – Prozentsatz der Ersatzanschaffungskosten. Im Ergebnis reichen somit das Anlageverzeichnis und die Aufzeichnung zu Abschreibungszeiträumen als Nachweis für die Rücklagenbildung. Nur wenn der Finanzierungsbedarf über den ursprünglichen Investitionsbedarf hinausgehend, muss die Notwendigkeit nachgewiesen wird. Die gilt beispielsweise bei gestiegenen Wiederbeschaffungskosten oder Kapazitätsausweitungen.

Hinweis: An dieser Stelle möchten wir noch darauf hinweisen, dass Rücklagen und Rückstellungen zwei unterschiedliche Sachverhalte darstellen. Rücklagen sind Teil der (aufgeschobenen) Mittelverwendung. In einer Bilanz sind sie regelmäßig dem Eigenkapital zuzuordnen. Es ist weiterhin zu beachten, dass Rücklagen in der Rechnungslegung, ggf. in einer Nebenrechnung, gesondert auszuweisen und deren Bildung dem Finanzamt im Einzelnen darzulegen sind.

Rückstellungen dagegen sind Verbindlichkeiten oder Verpflichtungen, die dem Grunde oder der Höhe nach ungewiss sind. Dabei handelt es sich um Verpflichtungen, die vor dem Bilanzstichtag wirtschaftlich entstanden aber erst nach diesem zu erfüllen sind. Damit sind Rückstellung eigentlich Verbindlichkeiten, die bilanziell Fremdkapital darstellen.

Autoren: Peter Scheller, Steuerberater, Master of International Taxation, www.scheller-international.comThomas Oehmichen, Steuerberater, vereidigter Buchprüfer, www.oehmichen.de

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